Im Rahmen der jährlichen Hausmesse lud Tebis zum Round Table. Und diskutierte mit Branchenexperten zum Thema Fachkräftemangel. Welche Anforderungen haben die Führungskräfte von morgen? Wie findet und fördert man Nachwuchs? Ein Protokoll.
AUTORIN Susanne Schröder
(© Hanser/Schröder)
Qualifizierte Mitarbeiter sind ein Schlüsselfaktor für die Wettbewerbsfähigkeit. Studien belegen jedoch, dass es schon heute einen eklatanten Mangel an Fachkräften gibt. Und dieser aufgrund der demografischen Entwicklung noch zunehmen wird.
Warum fehlen die Fachkräfte in unserer Branche?
Mit dieser Frage eröffnet Jens Lüdtke von der Tebis AG die Diskussisonsrunde. Jeder der Teilnehmer ist bereit für einen offenen Austausch – und auch bereit, sich selbstkritisch zu hinterfragen. Folgende Gründe kristallisieren sich dabei aus Unternehmersicht heraus:
Wie Ausbildung funktionieren kann
In diesem Punkt sind sich fast alle einig: Die Berufsschulen vermitteln nicht den Stoff und das Wissen, das in den Betrieben benötigt wird. Deshalb ist jedes Unternehmen selber gefordert, seine jungen Leute zu qualifizieren. In der Vergangenheit wurden die Azubis oft an alten Maschinen ausgebildet, heute ist der Einsatz von moderner Technologie gefordert.
Für viele Unternehmer ein Spagat, wie Joachim Reiser ausführt: „Ich kann einen Lehrling nicht acht Stunden an eine Maschine für 700 000 Euro stellen, wenn die Maschine dabei nicht produktiv arbeitet. Das ist für kleine Unternehmen ganz schwierig.“
Wo früher Zerspaner, Werkzeugmacher und Schleifer in der Produktion arbeiteten, seien heute Allround-Talente gefragt, die 5-Achs-Simultan-Maschinen bedienen, die Werkzeuge und NC-Parameter kennen und alles entsprechend verknüpfen.
Dem stimmt Anton Schweiger zu: „Das macht den Beruf aber auch attraktiver. Das ist das, was die Burschen reizt. Die haben einen Simulator, die können eingreifen, die Prozesse verbessern. Das ist Plug-and-Play. Bei uns hat sich die Ausbildung extrem verkürzt. Nach einem halben Jahr arbeiten die Azubis schon mit, ich lass auch 17-Jährige an die Automation. Man muss denen das zutrauen.“
Dazu Benjamin Reisinger: „Die Erfahrung haben wir auch gemacht. Wir fahren übers Wochenende Wechselschichten. Da bestückt der Azubi schon im ersten Lehrjahr auch die Hermle. Nach einem halben Jahr muss man sich mit fünfachsigen Maschinen, CAD/CAM-Systemen und Vorschubwerten auskennen.“
Dem Round Table ist noch ein weiterer Punkt in Sachen Ausbildung wichtig: Nötig sind qualifizierte und motivierte Ausbilder – das sei das A und O.
Um überhaupt gute Bewerbungen für die Azubistellen zu bekommen, ist von den Unternehmen Engagement gefordert. Schülerpraktika, Teilnahme an Berufsschnuppertagen, die Einladung ganzer Schulklassen oder Präsenz an Ausbildungsmessen können da Wunder wirken.
VDWF-Geschäftsführer Ralf Dürrwächter: „Es gibt Betriebe, die jammern, dass sie keine guten Bewerbungen bekommen – allerdings tun sie auch nichts dafür. Andere gehen gezielt mehrmals im Jahr an die Schulen, machen Hausevents, sprechen die Leute aktiv an.“
Anton Schweiger geht sogar noch einen Schritt weiter: „Eigentlich ist es heute so, dass wir als Betrieb uns bei den Mitarbeitern bewerben – nicht andersherum.“ Und dazu zählen eben auch ein attraktiver Arbeitsplatz.
„Die Betriebe sollten nicht jammern,
sondern aktiv auf die jungen Leute zugehen – z.B. mit oder bei Events im eigenen Haus.“
(© Hanser/Schröder)
Welchen Wellness-Faktor ein Betrieb von heute bieten sollte
Nicht nur für die Auszubildenden, sondern für alle Mitarbeiter spielt heute der Wohlfühlfaktor in einem Unternehmen eine große Rolle. Abgesehen von der ‚Hardware‘ wie dem Maschinenpark zählen
dazu auch die Möbel, die Pflanzen, die Bilder, der Pausenraum oder die Kaffeemaschine für die Mitarbeiter.
Bernhard Rindfleisch: „Wir müssen permanent an uns arbeiten, um als Unternehmen attraktiv zu bleiben. Heute beginnt oft das Vorstellungsgespräch schon mit der Frage nach dem Überstundenausgleich.
Was muss ich bieten? Wo kann ich fördern? Durch viele Portale und Bewertungen sind die Firmen viel transparenter für den Bewerber geworden.“
Harald Seeßle: „Auch Kleinigkeiten können schon hilfreich sein. Bei uns gibt es beispielsweise Kaffee und Wasser kostenlos für die Mitarbeiter.“
Ideen gibt es genügend, um die Belegschaft an den Betrieb zu binden. In der Runde werden folgende Maßnahmen diskutiert:
Auch wenn es erst einmal gegensätzlich klingt: Obwohl die Mitarbeiter von heute viele Freiheiten möchten, wünschen sich doch viele eine starke Führung.
Anton Schweiger: „Es gibt Mitarbeiter, die schreien quasi nach Führung. Man muss lernen, die Mitarbeiter auf die richtige Art mitzunehmen. Da reicht es nicht, ein guter Techniker zu sein.“ Und mit einem Augenzwinkern ergänzt der Geschäftsführer:
„Für mich wäre es hilfreich gewesen, zwei Semester Psychologie zu studieren.“ Im Hause Schweiger werde versucht, Druck zu vermeiden. Wo es früher hieß: "Du gehst heute erst nach Hause, wenn das erledigt ist", versuche man heute, die Leute so zu motivieren, dass sie es von sich aus vorschlagen.
Joachim Reisinger: „Früher ist man öfter mit der Brechstange durchgegangen ... Heute funktioniert das anders. Ich beruhige mich nach einem Konflikt erst einmal, und nach zwei Tagen setze ich mich mit dem Mitarbeiter hin, wenn ich nicht mehr auf 180 bin. Damit erreicht man deutlich mehr.“
Autoritär oder auf Kuschelkurs?
In dem Punkt sind sich alle Beteiligten einig: Ein Chef darf durchaus Emotionen zeigen, aber nicht ausschließlich autoritär durchgreifen. Vielmehr sollte er einen Führungsstil pflegen, der für ein angenehmes Arbeitsumfeld sorgt.
Zum Abschluss des Gesprächs werden die wichtigsten Faktoren nochmals zusammengefasst, die dem Fachkräftemangel entgegenwirken können:
Auch wenn sich all diese Punkte wie ein kaum zu erfüllender Wunschzettel lesen. Den Teilnehmern der Diskussionsrunde ist klar, dass man sich diesem Themen stellen muss. Jedes Unternehmen sollte für sich einen eigenen Maßnahmenplan entwickeln, um dem Thema Fachkräftemangel konkret entgegenzuwirken.
Ein Netzwerk, wie es z.B. der VDWF bietet, ist dabei sehr wichtig. Anton Schweiger: „Wir müssen uns öffnen, uns gegenseitig in die Betriebe schauen, damit wir möglichst wenig Fehler machen und voneinander und miteinander lernen, um gemeinsam nach vorne kommen. Sonst verschlafen wir die Zukunft.“
Tebis steht in der Branche nicht nur für CAD/CAM und Consulting, sondern ist immer wieder ein Treiber in Sachen Netzwerken und Verbandsarbeit.
Im Rahmen der diesjährigen Tebis Hausmesse fanden deshalb neben viel Technik und Fachvorträgen auch Management-Stammtische statt.
Die Moderation erfolgte durch Jens Lüdtke von der Tebis AG.
Die Teilnehmer der Diskussionsrunde zum Thema Fachkräftemangel waren:
„Junge Leute sind heute digital organisiert. Wir
müssen uns darauf einstellen, dass die Unternehmen vergleichbar sind.“
(© Hanser/Schröder)
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